Occupational Science und Aspekte psychischer Gesundheit

Victoria Hartmann & Vanessa Reip

Mit Beginn der neuen Amtsperiode übernahmen Victoria Hartmann und Vanessa Reip das Medienreferat und somit die Gestaltung des öffentlichen Auftritts von AOS.
Im ersten Quartal lag unser Fokus besonders auf die Occupational Science im Bereich der Psychiatrie. Hierbei haben wir uns mit den Herausforderungen, die unseren Klient:innen aber auch uns als Professionsangehörige im Alltag begegnen, beschäftigt.

In diesem Blogbeitrag haben wir die Social Media Posts der letzten Wochen zusammengefasst. Diese kannst Du auch dort noch einmal nachlesen.

Spannende Links haben wir für Dich ganz unten angefügt!

OS und Aspekte psychischer Gesundheit

Betätigungsgerechtigkeit (Occupational Justice) und unsere Klient:innen

Betätigungsgerechtigkeit (Occupational Justice) bezeichnet das Recht aller Menschen für sie bedeutungsvolle, wichtige, notwendige Handlungen ausführen zu dürfen (WFOT, 2019).
Menschen mit psychischen Erkrankungen begegnen in ihrem Alltag verschiedenen Herausforderungen in Bezug auf Occupational Justice. Gesellschaftliche Vorannahmen und mögliche Stigmatisierung, sogenannte Betätigungsmarginalisierung (Costa, 2011), erschweren es ihnen beispielsweise ihren Alltag entsprechend ihrer Wünsche zu gestalten.
Beispielsweise kann auf Grund gesellschaftlicher Stigmatisierung die Suche einer Arbeitsstelle mit psychischen Erkrankungen herausfordernd sein. Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen werden im Bewerbungsprozess oft schon aussortiert, weil sie unter anderem als nicht gut belastbar oder gar unzuverlässig eingestuft werden.
Ein hilfreiches Tool zur Auseinandersetzung mit Occupational Justice ist das Participatory Occupational Justice Framework (Whiteford et al., 2018). Damit können Ergotherapeut:innen und Angehörige anderer Berufsgruppen ihre Arbeit und ihr Vorgehen im Hinblick auf Occupational Justice analysieren, planen und durchführen.

Betätigungsgerechtigkeit (Occupational Justice) und wir als Professionsangehörige

Gerade für uns als Professionsangehörige ist es wichtig auf unsere psychische Gesundheit zu achten. Hierbei ist auch die Betätigungsgerechtigkeit ein wesentlicher Faktor!
Herausfordernde Situationen durch Betätigungsungerechtigkeit können sich zum Beispiel ergeben, wenn Arbeitsumgebungen nicht so gestaltet sind, dass das therapeutische Angebot entsprechend best practice Kriterien gestaltet werden kann. Lange Wartezeiten auf von den Krankenkassen finanzierte Therapieplätze für Klient:innen bedeuten auch potenziell längere Heilungs- und Rehabilitationsphasen. 
Deutlich wird Betätigungsungerechtigkeit anhand von Gesundheitsdeterminanten: Persönliche und umweltbezogene Faktoren beeinflussen auch, wie Klient:innen Zugang zum Gesundheitswesen und entsprechenden Angeboten haben. Dies beeinflusst natürlich wieder den Arbeitsalltag aller Professionsangehörigen.

Betätigungsunterbrechung (Occupational Disruption) und unsere Klient:innen

Betätigungsunterbrechung (Occupational Disruption) erleben Menschen, wenn sie gewohnte Tätigkeiten oder Handlungsrollen über eine gewisse Zeit nicht mehr ausführen können (Costa, 2011).
Occupational disruption tritt sehr deutlich auf, wenn Menschen durch eine Katastrophe, wie Krieg oder Naturkatastrophen, mit einer vollkommenen neuen (temporären) Lebenssituation konfrontiert sind. 
Auch Menschen mit psychischen Erkrankungen können wahrscheinlich in akuten Phasen nicht mehr allen Handlungsrollen und Tätigkeiten nachgehen. Weitere mögliche negative Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden sind die Folge (Nizzero et al., 2017). Die Handlungsrollen Elternteil, freizeittreibende oder auch arbeitende Person kann dann beinahe unmöglich auszuführen zu sein.

Betätigungsunterbrechung (Occupational Disruption) und wir als Professionsangehörige

Auch COVID-19 hat mit den einhergehenden Maßnahmen Betätigungsunterbrechungen für uns und unsere Klient:innen erzeugt. Durch Lockdowns und Maßnahmen und dadurch ausgesetzte Therapiezeiten oder veränderte Rahmenbedingungen veränderte sich auch die Arbeitswelt – zumindest temporär.
Betätigungsunterbrechungen können wir als Professionsangehörige aber auch erleben, wenn wir zum Beispiel durch Krankenstand, Kündigung oder Jobwechsel oder Karenz unterbrochene Tätigkeiten und Handlungsrollen haben. Dies kann auch mit, Transitionen, sogenannten Betätigungsübergängen einhergehen.

Betätigungsbalance (Occupational Balance) im Rahmen der Fachtagung von Ergotherapie Austria

AOS war im Rahmen der Fachtagung von Ergotherapie Austria, die von 10.-11. März 2023 in Salzburg stattfand, vertreten. Das Thema dieses Jahr lautete „Psychische Gesundheit – Aufgabe und Herausforderung für mich und meine Patient:innen“ und wurde von uns mit einem Vortag und einem Workshop untermalt.

Mona Dür, Magdalena Schlögl und Julia Unger waren im Rahmen der Fachtagung mit einem Vortrag zur Bedeutung von Betätigungsbalance für die psychische Gesundheit vertreten.

Für Betätigungsbalance gibt es unterschiedliche Definitionen. Folgende nannten sie in ihrem Vortrag (Dür et al., 2023):

subjektive Wahrnehmung der richtigen Anzahl und Variation an bedeutungsvollen Tätigkeiten“
Petra Wagman et al. [2012], frei übersetzt von Mona Dür, 2023)

“Zufriedenheit mit den Tätigkeiten, die eine Person tut, zu tun hat oder tun möchte”
(Dür, 2021).

Die drei hielten im Vortrag fest, dass Betätigungsbalance mit psychischer Gesundheit in Verbindung steht – und, dass u.a. Ergotherapeut:innen gezielt daran ansetzen können.

Aber welche Möglichkeiten für Initiativen und Maßnahmen zur Beeinflussung der Betätigungsbalance von Ergotherapeut:innen siehst Du als Professionsangehörige:r?

Mit dieser Frage setzten wir uns gemeinsam mit ca. 35 Ergotherapeut:innen im Rahmen des AOS-Workshops auf der Fachtagung von Ergotherapie Austria im März 2023 auseinander. Nach einem kurzen theoretischen Input zu Betätigungsbalance beschäftigten sich die Workshop Teilnehmer:innen mit der Messung der eigenen Betätigungsbalance anhand der Assessments OBI-Care oder/und OB-Quest. Im Rahmen des Workshops wurden in Kleingruppen zudem Möglichkeiten für Initiativen und Maßnahmen zur Beeinflussung der Betätigungsbalance von Ergotherapeut:innen erarbeitet, zu denen abschließend ein reger Austausch in Plenum stattfand. 

AOS Vorstandsklausur – ein krönender Abschluss des Quartals

Von 2.4. – 3.4.2023 fand für uns als Vorstand unsere Strategieklausur 2023 bei Duervation in Krems/Donau statt.
Die zwei Tage waren gefüllt mit produktiven Arbeiten und wir konnten für AOS und unsere Mitglieder die Ziele und Veranstaltungen für die Amtsperiode 2023/2024 festlegen.

Wir freuen uns auf alles, was kommt! Du darfst gespannt sein, welche Ideen wir in den nächsten zwei Jahren umsetzen werden!

Spannende Links zum Beitrag

Participatory Occupational Justice Framework

Gesundheitsdeterminanten

Beiträge zum Thema Occupational Injustice

Die Rolle der Ergotherapie in Katastrophen:

Beiträge zum Thema Betätigungsunterbrechung

Quellenangaben

Dür, M., Schlögl, M. & Unger, J. (2023). Welche Bedeutung hat die Betätigungsbalance für die psychische Gesundheit? Vortrag im Rahmen der Ergotherapie Austria Fachtagung 2023. Salzburg, Österreich.

Costa, U. (2011). Freiheit und Handlung – Handlungsfreiheit. Eine handlungswissenschaftliche Betrachtung. In C. Sedmak (Hrsg.), Freiheit (S. 51-76). Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Nizzero, A., Cote, P., & Cramm, H. (2017). Occupational disruption: A scoping review. Journal of Occupational Science, 24(2), 114-127. https://doi.org/10.1080/14427591.2017.1306791

Wagman, P., Håkansson, C., & Björklund, A. (2012). Occupational balance as used in occupational therapy: A concept analysis. Scandinavian journal of occupational therapy, 19(4), 322-327.

Witheford, G.E., Townsend, E., Bryanton, O., Wicks, A., & Pereira, R. (2017). The Participatory Occupational Justice Framework: Salience across contexts. In D. Sakellariou, & N. Pollard (Hrsg.), Occupational Therapy without Borders: Integrating Justice with Practice (2. Aufl.) (S. 163-174). Elselvier.

World Federation of Occupational Therapists (WFOT). (2019). POSITION STATEMENT. Occupational Therapy and Human Rights. https://www.wfot.org/resources/occupational-therapy-and-human-rights

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